Sonntag, 27. September 2020


Das Wort Corona hängt mir eigentlich schon zum Hals heraus – trotzdem beschäftigt mich die Situation täglich und ich mache mir so meine Gedanken darüber:


Im Zeitungsjournalismus sagt man angeblich „Only bad news are good news“ , weil die Aufmerksamkeit und damit die Leserquote erhöht wird. 

Daher liest man auch auf Seite 2 (!) täglich die neuen Infektionszahlen. Die könnten ja auch weiter hinten stehen, oder nicht? 

Fazit ist aber trotzdem, die Zahlen steigen. Neue Verordnungen bzw. Empfehlungen machen die Runde. An die Eigenverantwortung der Leute wird appelliert! 

Aber was heißt das? Verantwortung für mich? Ah, da wird mir schon nix passieren. . Oder für die anderen? Na die sollen gefälligst aufpassen und eigenverantwortlich handeln. 

Im Wort Eigenverantwortung“ steckt das Wort „Antwort“. Schon Viktor Frankl sagte „Verantwortung heißt, dem Leben antworten!“ Jeden Tag stellt das Leben an uns Herausforderungen oder eben Fragen. Und wir antworten durch unser Handeln. Das heißt aber auch, offen sein für die Fragen des Lebens. 

Vielleicht erklärt das die Sorglosigkeit mancher Leute und das Negieren der Maßnahmen? Vielleicht fühlen sich diese Leute nicht angesprochen, weil sie die „Fragen des Lebens“ nicht wahrnehmen? 

Und dann ist da noch die Sache mit der Corona-Ampel. Man ist von Verkehrsampeln gewohnt, bei Grün darf man fahren, weil der andere ohnehin Rot hat und stehen bleiben muss. Bei gelb oder orange müsste man eigentlich auch stehen bleiben. Aber manchmal huscht man dann doch noch drüber (passiert eh nichts und die Polizei ist auch nicht zu sehen). 

Wir sind also von Kindheit an gewohnt, nach Verboten und Geboten zu leben und zu handeln. Und manchmal durchzuhuschen ohne dass es bemerkt wird, oder etwas passiert.

Und jetzt? Plötzlich soll man das selbst entscheiden, selbst die Gefahren abschätzen? Jeder bestätigt, dass der Lockdown gut funktionierte, weil die Bevölkerung zusammenhielt. Ja, da hatte es klare Verbote gegeben. Jeder stöhnte zwar, hielt sich aber doch an die Maßnahmen. Auch mit der Hoffnung, dass wenn man sich „brav“ verhält und die Zahlen sinken, wieder alles „normal“ werden wird. Also ganz so normal wurde es im Sommer zwar nicht, aber doch um vieles leichter. 

Die Irritation kam erst mit der Aufhebung einiger Maßnahmen durch den Verwaltungsgerichtshof. „Aha! Die dürfen ja gar nicht alles verbieten“ dachten sich da einige. Und wahrscheinlich halten nun diese Leute die (nun sind es) Empfehlungen, nicht mehr zwingend. Nein, das sind sie auch nicht, aber trotzdem sinnvoll! Und so wären wir wieder bei der Eigenverantwortung. 

Unlängst wurde ein junger Mann im Fernsehen interviewt, der sagte: „Corona ist mir sch… egal. Ich will leben!“ Da kann ich nur sagen Ich wünsche es ihm! Denn ohne diese Eigenverantwortung kann es bald heißen „nix ist fix“.

Donnerstag, 17. September 2020

Ginkgo biloba

Da ich derzeit eine Führung durch den Botanischen Garten in Wien plane und zusammenstelle liegt es nahe, auch hier auf meinem Blog einen Beitrag darüber zu schreiben:

Der Botanische Garten befindet sich im 3. Bezirk und grenzt an das Areal des Belvederes. Gegründet wurde der Garten 1754 von Kaiserin Maria Theresia. Zu Beginn umfasste das Areal 2 ha, heute hat es eine Ausdehnung von 8 ha und 11.500 vertretenen Arten.

1889 erfolgte die Schenkung an die Universität Wien und seit 2011 ist der Botanische Garten mit seinem Institut zur Zentraleinheit der Fakultät der Lebenswissenschaften geworden!

Die Gliederung der Pflanzen erfolgt nach Themenbereichen. Einer dieser Bereiche sind die „lebenden Fossilien“ und daraus möchte ich ein Exemplar, hier vorstellen:



Ginkgo biloba, so sein botanischer Name, war im Erdmittelalter über die Nordhalbkugel mit ca. 100 verschiedenen Arten weit verbreitet. Auch bei uns in Niederösterreich gibt es aus dem Miozän, also vor ca. 6 Mio. Jahren versteinerte Abdrücke, die sein Vorkommen in unseren Breiten belegen. Durch die Eiszeiten wurden viele der damaligen hier vertretenen Pflanzenarten in südlichere und wärmere Klimazonen verdrängt, aber eine natürliche Wiedereinwanderung durch die Auffaltung der Alpen verhindert. So beschränkt sich sein natürliches Vorkommen heute auf ein kleines Areal in SO-China. Aus China brachten ihn dann Seefahrer und Händler im 18. Jahrhundert wieder nach Europa. Heute ist nur mehr eine einzige Art erhalten, nämlich Gingko biloba

Der Ginkgo kann bis zu 1000 Jahre alt und 40 m hoch werden. Sein Holz ist leicht und weich und außerdem schwer entflammbar. Und, er überlebte die Atombombe von Hiroschima. Ca. 1 km vom Epizentrum des Bombenkraters entfernt stand ein Tempel und ein Ginkgobaum. Wie so vieles, wurde auch der Tempel zerstört, bzw. verbrannt. Der Ginkgobaum aber, trieb im darauffolgenden Frühjahr wieder aus als sei nichts geschehen. 

Da er auch mit unserer Stadtluft, den Abgasen und dem Streusalz gut zurechtkommt, wird er gerne in Parkanlagen und Alleen gepflanzt. Und er sieht ja auch sehr attraktiv aus! Seine Blätter färben sich im Herbst gelb und glänzen in der Sonne wie Gold! 

Aber was ist jetzt so urtümlich, dass er als lebendes Fossil bezeichnet wird? 
Weil sich diese Pflanze während Millionen von Jahren in seinem pflanzlichen Aufbau und Fortpflanzungsart nicht veränderte oder weiter entwickelte. 

Die Blätter sind zweilappig und haben parallele, fächerförmig angeordnete Blattadern. Bei unseren Laubbäumen verzweigen sich die Blattadern von einer Mittellrippe ausgehend. 



Der Ginkgo ist auch in seiner Fortpflanzung sehr urtümlich geblieben. Er ist zweihäusig, d.h. es gibt einen Baum mit weiblichen Blütenständen und einen Baum mit männlichen. Außerdem ist er ein „Nacktsamer“, d.h. die weibl. Samenanlage ist nicht von einem Fruchtknoten umhüllt (wie bei den „modernen“ Pflanzen). Die Bestäubung erfolgt durch den Wind und nicht durch Insekten (wie bei modernen Blütenpflanzen).






rechts die männlichen Samenanlagen,
unten die weiblichen Samenanlagen
(Bilder Wikipedia)

Die Samen sind von einer fleischigen Schale umhüllt, die erst nach dem Frost gelb und weich werden. Allerdings entwickeln sie einen eher unangenehmen Geruch, nämlich nach Buttersäure. 


In Japan nutzt man den Kern des Samens, indem man die Samenschale entfernt, den Kern röstet und gesalzen knabbert oder als Beilage verwendet. 

Der Ginkgo gilt in Japan als Symbol für den Frieden und der Lebenskraft. Die Inhaltsstoffe der Blätter, Flavonoide und Terpene, werden auch bei uns pharmazeutisch genutzt und verbessern die Konzentration und das kognitive Denken.

Im Botanischen Garten gibt es einen Ginkgobaum, der über 200 Jahre alt ist. Er steht beim Eingang des Botanischen Institutes und ist vom Eingang-Rennweg aus zu sehen. Er zählt zu den ältesten Bäumen des Gartens und ist sehenswert!