Mittwoch, 22. Juli 2020

Darf ich vorstellen?

Die Vogel-Nestwurz, Neottia nidus-avis – eine heimische Orchidee
 gesichtet am Wegesrand im Buchenwald

 



Die Vogel-Nestwurz bezieht ihren Namen übrigens durch den nestartig geformten unterirdischen Wurzelballen, aber davon etwas später.

Wer glaubt, Orchideen gibt es nur in tropischen Regenwäldern, der täuscht sich gewaltig. In Österreich gibt es 65 Orchideenarten, die alle unter Naturschutz stehen. 
Die Vogel-Nestwurz blüht von Mai bis Juni, je nach Witterung und ist relativ häufig zu finden. Sie bevorzugt schattige, humose Laubwälder. Und dort fand ich das oben abgebildete Exemplar ja auch. 

Zum Unterschied von den tropischen Orchideen, die in den Baumkronen oder Astgabeln sitzen, wachsen unsere heimischen Orchideen alle im Boden. Im Allgemeinen sehen die Orchideen nicht nur sehr schön und farbig aus, sondern sie besitzen viele Besonderheiten, die sie so überaus interessant machen. 

Bleiben wir einmal bei der Wuchsweise. Die tropischen Orchideen verwenden ihre Wurzeln meist zum Festhalten an den Ästen. „Unsere“ Orchideen, die im Boden wachsen, benötigen ihre Wurzeln zur Aufnahme von Wasser und den darin gelösten Nährstoffen. Außerdem leben die Orchideen in Symbiose mit einem Pilz. Dieser Pilz umspinnt mit seinen Hyphen die Wurzeln. So kommt die Orchidee noch besser an die Nährstoffe im Boden heran. Man nennt so eine Symbiose zwischen Pflanze und Pilz, Mykorrhiza. Übrigens leben die meisten unserer Laub- und Nadelbäume in Symbiose mit einem Pilz. Deshalb finden wir im Herbst bestimmte Pilze unter bestimmten Bäumen.

Aber zurück zu unserer Nestwurz. Auf den ersten Blick möchte man fragen: „Ja was ist denn das?“ So unscheinbar und farblos steht sie da. Nicht einmal grüne Blätter sind  vorhanden. Sie besitzt nämlich kein Chlorophyll (das ist der grüne Farbstoff) und betreibt auch keine Fotosynthese. Fotosynthese nennt man den Vorgang, wo mittels dem Chrolophyll aus Licht, Wasser und Kohlenstoffdioxyd, Kohlenhydrate erzeugt werden. Unsere Nestwurz erspart sich diese Arbeit und verlässt sich ausschließlich auf ihre Mykkhoriza. Ja mehr noch. Der Pilz umfasst wiederum die Wurzeln der Bäume und bezieht auch von dort Nährstoffe. Doppelt hält eben besser!  


Aber das ist noch nicht alles. Auch die Blütenbiologie ist überaus raffiniert.
 
Foto Marlene Hajek
Phalaenopsis violacea – Foto von C. Panhölzl




Der Blütenstaub ist zu Pollenpaketen zusammengeklebt und sieht wie eine kleine Keule aus. Auf der Standfläche schließt sie mit einer Klebscheibe ab.
Kommt nun ein Insekt und möchte sich den Nektar holen, wird ihm diese Keule, man nennt das im Fachausdruck „Pollinarium“, einfach auf die Stirne oder auf den Kopf geklebt. Während das Insekt zur nächsten Blüte fliegt, neigt sich der Stiel, sodass das Pollinarium nach vorne kippt und es beim Besuch der nächsten Blüte genau auf der klebrigen Narbe, die zum weiblichen Teil der Blüte gehört, plaziert werden kann. Eine Befruchtung wird so garantiert. Raffiniert nicht wahr?

Wenn ihr noch mehr zu diesem Thema wissen oder sehen wollt, hier sind einige interessante links:

https://orchideen-wien.at/was-sind-orchideen/
https://www.kalkalpen.at/de/Flora_Vogel-Nestwurz





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